Zukunft

Ländliche Räume feiern ein Comeback

Warum die Bewegung zurück auf das Land nichts mit Nostalgie zu tun haben muss

Während auf der einen Seite die Wohnraum und Kulturflächen in den Ballungszentren wie Berlin immer knapper werden, kämpfen abgelegen Regionen mit einem Rückgang der lokalen Wirtschaft und der Einwohner*innenzahlen. Die Folgen: leerstehende Gebäude und ungenutzte Brachen.

Gleichzeitig wächst bei vielen Städter*innen das Bedürfnis nach Landidylle. Wer hatte nicht schon mal die Idee von freilaufenden Hühnern hinter dem eigenen Gemüsegarten, der Arbeitsstätte, die mit dem Fahrrad erreichbar ist und den Nachbar*innen, die am Abend zu Besuch in den Garten kommen.

Was viele vom endgültigen Schritt aufs Land zurückhält ist zum einen fehlendes Wissen über  freie Immobilien und zum Anderen die eingeschränkte Infrastruktur. Kommt es zum Umzug, bringen sich bisher nur wenige in existierende Strukturen vor Ort ein und pendeln täglich nach Berlin. Wie können sich neue Nachbar*innen aus der Stadt  im Dorf integrieren? Wie bringt man digitale Arbeitskultur in den ländlichen Raum?

Genau hier setzt das Netzwerk Zukunftsorte an: Das junge Team, hat es sich zur Aufgabe gemacht Kommunen mit Leerständen ausfindig zu machen und an Macher*innen zu vermitteln, die das Leben auf dem Land mit digitaler Arbeitskultur verbinden wollen. “Wir sind der Meinung, dass es heute schon viele Menschen im ländlichen Raum gibt, die etwas bewegen. Wenn beide Seite zusammenkommen und gemeinsam an neuen Ideen feilen, dann können dort wundervolle Orte entstehen“ sagt Philipp Hentschel, einer der Mitbegründer des Projekts.  Ob Coworking im ehemaligen Landhotel (Coconat), Musikstudio im vergessenen Bahnhofsgebäude (Musikbahnhof), gemeinschaftliches Wohnen auf dem Gutshof Prädikow – so verschieden diese Orte auch sind; sie eint  ein gemeinsames Interesse an Gestaltungsfreiraum, Gemeinschaft und Partizipation.

Coconat, Co-Working im ehemaligen Landhotel.

Das größte Potenzial sieht das Team aus Städter*innen, Dörfler*innen und Macher*innen in einer fortschreitenden Digitalisierung, die ortsunabhängiges Arbeiten erlaubt, sowie im Aufbau offener und lebendiger sozialer Räume vor Ort. Dabei sind neue Ideen ebenso wichtig wie bestehendes Wissen, um nachhaltige Dorfangebote zu schaffen.

Mittlerweile pflegt das Netzwerk Kontakte zu vielen Kommunen, Vereinen sowie Aktiven auf dem Kand und begleitet täglich neue, innovative Projekte von der Uckermark bis in den Spreewald. In unterschiedlichen Formaten, wie bei den Walkshops werden Leerstände erkundet und Interessierte treffen auf kommunale Vertreter*innen. Bei regelmäßigen Meetups haben Projektinitiator*innen zudem die Chance bestehende Projekte vorzustellen neue Mitstreiter*innen zu finden. Philipp ist der Meinung „Junge Gründer*innen braucht das Land, denn hier gibt es Gestaltungs- und Experimentierraum für die Lösungen von morgen“. Ziel ist: Leerstände und Kommunen in Brandenburg sichtbar machen, Menschen mit großen Visionen vernetzen und existierendes Wissen weitergeben damit viele weitere Zukunftsorte entstehen können. Wenn sich Neuankömmlinge um einen guten Austausch mit der bestehenden Bewohnerschaft bemühen, haben alle etwas davon: gemeinsam organisierte Dorffeste, Mehrzweckräume für ein lebendige Dorfleben, Kinderbasare, Mitfahr-Apps. Vieles wurde bereits aufgebaut und noch mehr ist geplant.

Das Netzwerk Zukunftsorte ist ein Zusammenschluss von Orten, die die Möglichkeiten des kollaborativen Lebens und Arbeitens ausüben, testen und weiterentwickeln. Auf der Internetseite findet ihr weitere Informationen und aktuelle Projekte. Die Meetup Gruppe informiert zudem über aktuelle Events und Walkshops. Die Webseite Kreativorte Brandenburg sammelt Berichte, stellt die Initiator*innen und ihre Geschichten vor und präsentiert alle 14 Tage einen neuen Kreativort.

Text: Lena Heiss
Fotographie: Eric Birnbaum, Tilman Vogler, Simon Breth