Anne Peter und Jens Amende stehen im Türrahmen ihrer Gartenlaube, die zu ihrem Schrebergarten „Nyponhus“ gehört.

„Welch Glück es ist, Lebensraum mitgestalten zu können.“

Lassen sich die Liebe zum Stadtleben und der Wunsch nach Natur zusammenbringen? Dass das super funktioniert, zeigen Anne Peter und Jens Amende mit ihrem Schrebergarten „Nyponhus“ in Düsseldorf. In diesem setzen sie nicht nur auf skandinavische Ästhetik, sondern vor allem auch auf Nachhaltigkeit und Biodiversität. Das Motto des Paares: Einfach machen!

Ihr Schrebergarten macht nicht nur sie selbst sehr glücklich, sondern auch Tausende von Follower*innen, die ihnen auf ihrem gleichnamigen Instagram-Account „Nyponhus“ folgen. Auf diesem dokumentieren Anne Peter und Jens Amende die Metamorphose einer vernachlässigten, unscheinbaren Parzelle in ein üppig blühendes grünes Stadtparadies mit schwedischem Wochendhaus-Flair. Eins wird beim Durchstöbern ihrer Posts sofort klar: Hier schrebert eine neue Generation von Gärtner*innen! Und wer erst ihr neues Buch „A Modern Way to Schreber. Laubentraum & Gartenglück“ in den Händen hält, hat spätestens da begriffen, dass der Kleingarten einen Imagewechsel erfährt. Wir haben mit der Art-Direktorin und dem Motiondesigner über den Wandel der Schrebergärtner-Kultur, die Bedeutung von Kleingärten für Städte und ihren persönlichen Weg zum Gartenglück gesprochen.

GIF von einer leuchtend gelben Wildblumenwiese.
Nahaufnahme des rostroten Gartentors, das zum Schrebergarten „Nyponhus“ führt.

Da sich der Schrebergarten am Hagebuttenweg befindet, gaben die Schweden-Fans ihrem Schrebergarten den Namen „Nyponhus“ – auf Deutsch Hagebuttenhäuschen.

Liebe Anne, lieber Jens, wie viel Zeit verbringt ihr in eurem Garten im Jahr?
Anne: Wir unterteilen unser Gartenjahr in drei Phasen: Arbeiten, Genießen und Ausruhen. Je nachdem, welche Phase gerade ist, verbringen wir mehr oder weniger Zeit dort. Jetzt im Sommer sind wir mindestens einen Tag pro Woche hier. Durch die Staudenbeete zu laufen, sich an jeder leuchtenden Blüte zu erfreuen und natürlich das köstliche Gemüse zum Abendessen zu verarbeiten – das ist für uns die absolute Belohnung für die vielen Stunden Gartenarbeit.

Apropos Gartenarbeit: Jetzt mal Hand aufs Herz – zieht so ein Kleingarten neben allen positiven Aspekten nicht auch jede Menge Energie?
Anne: Inzwischen geht es in unserem Garten ja in erster Linie um die Pflege: Schneiden, Jäten, Gießen, Pflanzen, Ernten. Das sind für uns alles sehr meditative Arbeiten, die wir als Ausgleich zu unserem Büro-Job sehen und deshalb sehr mögen. Jens: Wir arbeiten mit unseren Händen, bewegen uns, müssen über nichts nachdenken und sehen hinterher einen Erfolg. Wir haben gelernt, auch mal wegzugucken, wenn an einer Ecke das Unkraut sprießt, und uns über das schöne Gelb des Löwenzahns auf der Rasenfläche zu freuen.

Wie seid ihr zu eurem Schrebergarten „Nyponhus“ gelangt?
Jens: Im Sommer 2017 entdeckten wir einen Garten über Kleinanzeigen und schon am Gartenzaun wusste ich: Der ist es! Als wir die Laube jedoch besichtigten, roch sie feucht und hatte keinen Stromanschluss. Der Vorbesitzer versicherte uns zwar, dass die Undichtigkeiten behoben worden seien, wir waren uns aber unsicher, ob wir das glauben konnten. Zudem befand sich der Garten in einem katastrophalen Zustand. Zu diesem Zeitpunkt waren wir extrem erschöpft.
Anne: Wir planten gerade unsere Hochzeit, die zwei Wochen später stattfinden sollte und für die wir nahezu alles selbst auf die Beine gestellt hatten. Unser Energielevel war so niedrig, dass wir uns ein so großes Projekt nicht zutrauten und deshalb absagten. Der Kleingartenverein, in dem sich die Laube befand, gefiel uns allerdings sehr gut und wir ließen uns auf die Warteliste setzen.

Collage aus zwei Bildern: Anne inmitten ihres Schrebergartens und eine Hand, die eine Kapuzinerkresse-Blüte pflückt.

„Im Sommer durch Staudenbeete zu laufen, sich an jeder leuchtenden Blüte zu erfreuen und das köstliche Gemüse zum Abendessen zu verarbeiten – das ist die absolute Belohnung für die vielen Stunden Gartenarbeit“, sagt Art-Direktorin, Buchautorin und Schrebergarten-Besitzerin Anne Peter.

Wie schade. Wie ging es dann weiter?
Jens: Im September 2018 hat uns der Verein kontaktiert, um uns einen Garten vorzuschlagen. Als wir vor dem Gartentürchen standen, mussten wir innerlich grinsen: Es war nämlich der Garten, den wir im Jahr zuvor ausgeschlagen hatten. Der aktuelle Besitzer hatte allerdings Strom nachgerüstet und auch die Laube roch inzwischen nicht mehr nach Feuchtigkeit. Außerdem standen wir zu diesem Zeitpunkt schon zweieinhalb Jahre auf diversen Wartelisten von anderen Kleingartenvereinen. Also sagten wir zu und das „Nyponhus“ wurde dann doch unser Garten.

Dann hat sich ja doch noch alles glücklich gefügt. Und was hat es denn mit dem Namen „Nyponhus“ auf sich?
Anne: Der lange Weg, der zu unserem Garten führt, nennt sich Hagebuttenweg. Als wir unseren Garten übernahmen, träumten wir davon, aus ihm ein skandinavisches Sommerhaus zu zaubern, und gaben ihm deshalb den schwedischen Namen „Nyponhus“ – auf Deutsch Hagebuttenhäuschen.

Euer Garten befand sich anfangs in einem recht vernachlässigten Zustand. Sowohl die Parzelle als auch das Gartenhäuschen erforderten viel Arbeit und auch ein Konzept: Wie seid ihr an die Neu- und Umgestaltung herangegangen?
Anne: Wir haben mit Moodboards definiert, in welche Richtung die Optik der Laube gehen soll, und auch einen groben Plan für den Außenbereich erstellt. Wir haben uns die Fragen gestellt: Wo wollen wir uns langfristig aufhalten? Wo soll das Gemüse wachsen und welchen Bereich wollen wir für Outdoor-Aktivitäten als Wiese frei lassen?

Collage aus vier Bildern, die Anne in der Küchenzeile ihrer Gartenlaube zeigen sowie Möbel- und Dekoelemente.

Laube 2.0 oder die pure Harmonie zum Runterkommen: Bei der Einrichtung ihres Gartenhäuschen hat das Paar auf sanfte Farben, liebevolle Arrangements und natürliche Materialien wie Holz gesetzt.

Im Februar 2022 habt ihr das Buch „A Modern Way to Schreber. Laubentraum & Gartenglück“ im Knesebeck Verlag herausgebracht. Was ist denn so „neu“ an der Art und Weise, wie ihr und die anderen Gärtner*innen im Buch schrebert?
Anne: Wer an Schrebergärten denkt, hat oft ein Bild im Kopf von aufgeräumten Gärten mit Goldfischteich und Gartenzwerg, von pingeligen Gartennachbar*innen, die die Heckenhöhe mit ihrem Zollstock überprüfen, von Schlagermusik, die im Radio dudelt, und nackten Oberkörpern an Plastiktischen.

Tatsächlich?
Jens: Danach werden wir als Erstes gefragt, wenn wir von unserem Garten erzählen. Viele Menschen scheinen mit Schrebergärten noch immer einschränkende Regeln, altbackene Gartengestaltung und konservative Gartennachbar*innen zu assoziieren.
Anne: Erst, wenn wir weitere Details verraten und Fotos vom Gärtchen zeigen, sind die Fragenden begeistert und möchten mehr erfahren. Wir persönlich wollen zeigen, dass der Schrebergarten gerade einen Wandel erfährt und eine große kreative Spielwiese sein kann: wild, modern, naturnah und ästhetisch.

Wie setzt ihr naturnahes Gärtnern um?
Jens: Man muss den Garten als kleines, eigenes Ökosystem begreifen. Wenn wir bienenfreundliche Stauden pflanzen, fördern wir die Artenvielfalt der Insekten. Das wirkt sich wiederum positiv auf den Ertrag von Obst und Gemüse aus und lockt viele Singvögel an. Wir freuen uns über die Marienkäfer, die die Läuse eliminieren, die Maulwürfe und Igel, die Schnecken fressen, und die Molche in unserem Brunnen, die die Mückenlarven vernichten.
Anne: Müssen wir doch einmal nachhelfen, etwa bei Krankheit oder Befall der Nutzpflanzen, greifen wir auf natürliche Art und Weise ein. Beim Gemüseanbau pflanzen wir Gemüsesorten oder Kräuter nebeneinander, die sich positiv beeinflussen. Das heißt, wir verfolgen hier das Konzept der Mischkultur. Im Herbst schichten wir Laub und Abschnitt und lassen es bis zum Frühling als Unterschlupf für Tiere liegen. Umwelt- und Naturschutz sollte jedem wichtig sein, zumindest aber jedem, der Kinder in diese Welt setzt. Mit unserem Garten können wir einen kleinen Teil dazu beitragen, diese Welt wieder ein wenig grüner zu machen.

Collage aus zwei Bildern: Eine Hand hält eine rote Erdbeere gen blauen Himmel, Anne steht vor ihrer Gartenlaube.

Nachhaltig, plastikfrei und Luxus pur: Wenn Anne im Sommer in ihrer Küche steht und plötzlich frische Beeren für einen Kuchen braucht, radelt sie einfach 15 Minuten in ihren Schrebergarten.

Jens kniet in seinem Gewächshaus vor seinem selbst angebauten Gemüse der Saison.

Jens Amende, der als Motiondesigner und Illustrator arbeitet, baut in seinem Schrebergarten begeistert Tomaten an. Jedes Jahr pflanzt er bis zu 16 unterschiedliche Sorten.

Wer so naturverbunden ist wie ihr, zieht häufig irgendwann aufs Land. Warum habt ihr den Schritt noch nicht gewagt?
Anne: Mit einem Umzug aufs Land müssten wir hier unglaublich viel aufgeben, was uns wichtig ist: spontane Treffen mit unseren Freunden, Theater, Oper, Konzerte, Ausstellungen, Flohmärkte, tolle lokale Shops, den Lieblingsbäcker und eine grandiose Auswahl an Restaurants und Cafés.
Jens: Wir leben seit zwölf Jahren in unserem Viertel und mit uns fast all unsere Freunde. Der Besitzer unseres Lieblingscafés kennt uns sowie die Besitzerin der Apotheke an der Ecke und beim Schlendern durch das Viertel treffen wir fast jedes Mal bekannte Gesichter. Wir lieben die Natur und unseren Garten, aber wir lieben auch die Vorzüge des Stadtlebens und möchten darauf nicht verzichten.

Schön, ihr bleibt Düsseldorf also erst mal erhalten. Inwieweit würdet ihr sagen, könnt ihr durch euren Schrebergarten auch aktiv Einfluss auf das Stadtbild nehmen?
Jens: Wir glauben, dass man nicht vergessen darf, welch ein Glück es ist, den Lebensraum, in dem man sich aufhält, bewusst mitgestalten zu können. Dafür muss man keine großen Projekte ins Leben rufen. Das geht auch im Kleinen. Und Schrebergärten machen das Stadtbild grüner.
Anne: Die Regeln zur Heckenhöhe, die in der Kleingartenverordnung festgehalten sind, haben den Hintergrund, auch Spaziergänger*innen die Möglichkeit zu geben, sich die unterschiedlichen Gärten anzuschauen. Schrebergärten sind nicht nur für den privaten Nutzen der Besitzer, sondern auch für die Allgemeinheit gedacht. Es gibt immer mehr Gärten, die von Tagesmüttern und Tagesvätern genutzt werden, oder welche, die Familien gemeinschaftlich mit anderen Familien pflegen.

Collage mit vier Bildern, die Familie ist zu sehen sowie eine Vase mit Blumen, Kapuzinerkresse und Eichblattsalat.

Anne und Jens freuen sich, nun Töchterchen Lilo im Schrebergarten heranwachsen zu sehen und ihr einen achtsamen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen vorzuleben.

3 Tipps
Illustration in Farbe und in schwarz-weiß, die unter anderem verschiedene Gartenutensilien wie eine Gießkanne oder eine Gartenschere zeigt.

Was können diejenigen tun, die ein Gartenhäuschen oder einen Kleingarten renovieren möchten, aber wenig Budget und Fantasie haben?
Wenig Budget ist gar kein Problem. Klickt euch einfach regelmäßig durch Kleinanzeigen und ihr werdet überrascht sein, wie viele tolle Möbel, Baumaterialien oder Pflanzen verschenkt werden. Fragt im Bekanntenkreis nach, wer vielleicht noch alte Farben im Keller hat, die er nicht mehr benötigt. Inspiration kann man sich hervorragend über Pinterest, Instagram oder ganz klassisch über Gartenbücher holen. Wir empfehlen, unterschiedliche Moodboards anzulegen. Dann bekommt ihr sehr schnell ein Gefühl davon, wie der Schrebergarten einmal aussehen kann.

Welche insektenfreundliche Pflanze eignet sich für diejenigen, die mit einem Balkon Vorlieb nehmen müssen?
Unsere liebste Blühpflanze ist der Lavendel, denn er braucht wenig Wasser und ist ein Insektenmagnet. Lavendel blüht sehr lange, duftet herrlich und aus den verblühten Halmen könnt ihr wunderschöne Lavendelkolben flechten. Die könnt ihr anschließend zwischen eure Wäsche oder ins Bad hängen.

Bitte vollendet diesen Satz: Mit einem Kleingarten kann man Städte ...
... vielfältig und bunt begrünen, dem Lärm der Stadt entgegenwirken und einen Beitrag zu Biotop- und Artenschutz leisten.

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Ihr seid vor Kurzem Eltern geworden. Das verändert den Blick auf vieles. Geht euch das auch so, wenn ihr an euren Schrebergarten denkt?
Anne: Ehrlich gesagt, ist mit der Entwicklung des Gartens auch der Wunsch der Familiengründung gewachsen. Denn oft kam uns tatsächlich der Gedanke, wie toll es ist, als Kind in einem Garten aufzuwachsen, in dem man Himbeeren vom Strauch in den Mund wandern lassen und ausgelassen zwischen Blumen toben kann. Wir können es kaum erwarten, mit unserer Tochter Lilo gemeinsam zu ernten, Stockbrot über der Feuerschale zu rösten und im Garten unter freiem Himmel zu schlafen. Mit einem Kind hat man selbst noch einmal die Möglichkeit, Kind zu sein. Außerdem ist es toll, ihr anhand des Gartens zu erklären, wie wichtig es ist, achtsam mit Lebensmitteln, Wasserressourcen, Pflanzen und Tieren umzugehen.

Vielen Dank für das Interview!

GIF einer rosa blühenden Staudenwicke.
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Illustration in Farbe und in schwarz-weiß mit verschiedenen Motiven wie einem Gartenhäuschen, Hochhäusern und Bäumen.

Berlin ist Deutschlands Kleingartenhochburg mit rund 66.000 Kleingärten. Gefolgt von Hamburg mit 36.000 und Leipzig mit 32.000 Kleingärten. In Stuttgart gibt es gerade einmal 3.000 Stück.*

370 m2 ist ein Kleingarten im Durchschnitt groß.*

In Metropolen wie Berlin oder München können nach der Anmeldung für einen Kleingarten gut vier bis acht Jahre vergehen. In Niedersachsen, Sachsen-Anhalt oder Schleswig-Holstein kann einem das Kleingartenglück schneller widerfahren.*

Fünf Millionen Menschen nutzen einen Kleingarten in knapp 13.453 Vereinen.*
*Quelle: Bundesverband Deutscher Gartenfreunde (2022)

Auf mindestens einem Drittel der Fläche müssen Kleingärtner Obst und Gemüse für den Eigenbedarf anbauen. In diesem Zusammenhang wird von der Fruchtquote gesprochen, die der Vorstand des Vereins überprüft.
Quelle: Entscheid Bundesgerichtshof (2004)

Eine Laube in einfacher Ausführung soll laut Bundeskleingartengesetz nicht größer als 24 m2 sein, inklusive überdachter Terrasse.
Quelle: Bundeskleingartengesetz (2006)

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Vier Bilder nebeneinander angeordnet. Sie zeigen Impressionen aus dem Schrebergarten.

Ernten, naschen, pausieren, Blumen arrangieren – Anne und Jens gestalten ihre Tage im Schrebergarten abwechslungsreich.

ZUM WEITERLESEN

In ihrem Buch „A Modern Way to Schreber. Laubentraum & Gartenglück“ (herausgegeben im Knesebeck Verlag, 28 Euro) geben Art-Direktorin und Stylistin Anne Peter und Motiondesigner sowie Illustrator Jens Amende nicht nur Einblicke in ihren Schrebergarten und verraten Tipps, wie man an einen Kleingarten kommt. Sie stellen zudem 20 Gärtner*innen in ihren Garten-Oasen mitten im Großstadtdschungel samt persönlicher Geschichte und vielen Ideen und Tricks vor. Nicht nur für diejenigen lesenswert, die mit dem Gedanken spielen, in einen Kleingartenverein einzutreten.

Cover des Buchs „A Modern Way to Schreber. Laubentraum & Gartenglück“, das Anne Peter und Jens Amende im Knesebeck Verlag herausgebraucht haben.
Anne Peter und Jens Amende haben es sich in der Sitzecke ihres Schrebergartens „Nyponhus“ gemütlich gemacht.

Urban, aber grün: Anne und Jens schlagen mit ihrem Schrebergarten die perfekte Brücke zwischen Naturverbundenheit und Stadtleben.

Fotos: Sabrina Weniger