Unser Tool zur Verwaltung Ihrer Zustimmung für unsere Cookie-Verwendung ist vorübergehend offline. Daher fehlen womöglich einige Funktionen, die Ihre Zustimmung zur Verwendung von Cookies erfordern.


DIE FREIHEIT DER KUNST.
Man muss nicht Eltern sein, um zu wissen, dass Kinder eine unglaubliche Fantasie haben. Manchmal jedoch verlernen Erwachsene, genau das zu verstehen. Kunst ermöglicht es Kindern, sich auf eine kreative Art und Weise zu öffnen, die viel über ihre Gedanken und Gefühle verrät. Deswegen hat MINI gemeinsam mit dem Künstler Fico Guzmán ein Projekt in den SOS-Kinderdörfern in Polen initiiert, das jungen Geflüchteten die Möglichkeit bietet, ihrem Ich – ihren Gedanken und Gefühlen – über die Kunst Ausdruck zu verleihen. Fico hat uns gezeigt, wie das ganz konkret aussieht und verraten, warum jede einzelne von den Kindern gemalte Blume einen besonderen Wert hat.

Ich konnte schon früh zeichnen wie Raffael, aber ich habe ein Leben lang dazu gebraucht, wieder zeichnen zu lernen wie ein Kind.


DAS SPRUNGBRETT
Von Warschau aus führt der Weg mit dem Auto zum SOS-Kinderdorf in Siedlce eine Stunde lang durch polnische Landschaft. MINI unterstützt dieses Dorf und einige mehr mit Spenden und durch Aktionen direkt vor Ort. Das Engagement der MINI Mitarbeitenden startete im April 2022. Gemeinsam wollen sie SOS-Kinderdörfern in Polen helfen, die Kinder aufgenommen haben, die vor dem Krieg in der benachbarten Ukraine geflohen sind. Gemäß dem Motto „We help to spread BIG LOVE“ (Anm. der Redaktion: Wir helfen dabei, BIG LOVE zu verbreiten”) hat MINI mithilfe verschiedener Ideen Spenden gesammelt. Es sind Pakete für Schulanfänger gepackt worden, über europäische Handelspartner wurden MINI Kund:innen zum Mitmachen motiviert. Eine weitere Aktion, die helfen soll, ist nun die Zusammenarbeit mit dem Künstler Federico Guzmán, besser bekannt als Fico, den wir bei unserem Besuch in Polen besser kennenlernen durften.
Das SOS-Kinderdorf in Siedlce befindet sich am Rand der kleinen grünen Stadt, deren Namen es trägt. Es besteht aus Häuschen, in denen die Geflüchteten aus der Ukraine gemeinsam mit den Kinderdorf-Bewohner:innen aus Polen leben. Überwiegend Kinder, darunter aber auch einige Erwachsene. Teilweise betreut ein einzelner Erwachsener ein ganzes Haus mit mehreren Kindern – das ist nicht ungewöhnlich.
Die Bedingungen sind gut. Doch die Geflüchteten benötigen angesichts der besonderen Umstände mehr als Betreuung und ein Dach über dem Kopf. Die Kinder müssen vieles verarbeiten. Um das zu ermöglichen, gibt es Sport-, Spiel- oder Gesprächsangebote. Und hier kommt Fico Guzmán, der vielseitige Künstler aus dem spanischen Sevilla, ins Spiel. Er leitet ein Projekt, das er selbst launig „SOS Artventure“ nennt: Er reist zu verschiedenen SOS-Kinderdörfern in Polen, wo er Wände bemalt und dann die Kinder der Einrichtung dazu einlädt, sein Werk ganz nach Lust und Laune zu ergänzen und zu vollenden.
„Mein Bild ist wie ein Sprungbrett zu verstehen, das den Kindern den Impuls bietet, etwas Eigenes zu kreieren.“ Denn Fico kann nachvollziehen, dass es für ein Kind viel schwieriger wäre, auf einer großen leeren Wand mit dem Malen anzufangen. „Sie benötigen diese Starthilfe, damit sie einfach loslassen und frei agieren können.“ Und wenn er frei sagt, dann meint er das auch so. Wenn die Kinder sein Gemälde übermalen, erhöht dies nach Auffassung des Künstlers dessen Qualität, statt sie zu mindern. Das ist auch der Grund dafür, dass für Fico in dem berühmten Zitat von Picasso viel Wahrheit steckt. Doch wie entsteht ein Wandgemälde wie dieses? Eigentlich ganz einfach: Schritt für Schritt.

Über Federico Guzmán


FORMEN DER FREIHEIT
Fico hat einige Monate lang an verschiedenen Wandgemälden im Südosten Polens gearbeitet. Vor der eigentlichen Arbeit entwickelte er Umsetzungsideen für die Bemalung der Wände, die er bis dahin nur von Fotos kannte. Während des künstlerischen Prozesses war er auch offen für neue Impulse und Anregungen. So ließ er sich vor Ort in Polen von den vielen Wäldern und der heimischen Pflanzenwelt inspirieren. Diese Elemente, ihre Formen und Farben integrierte er in seine Skizzen für die Wandgemälde. Wichtig war, dass sein Werk den Kindern als Inspiration, als eine Art Leinwand dient, auf der sie selbst tätig werden können.
Der erste Schritt ist immer das Malen des Wandgemäldes, dann sind die Kinder an der Reihe. „Ich erzähle ihnen, dass ich ein Künstler aus Spanien bin und gerne mit ihnen gemeinsam das Bild weiter gestalten möchte. Ich zeige ihnen die Materialien, mit denen sie arbeiten können: das Wasser, die Pinsel und die Farben. Dann sage ich ihnen, dass sie alles tun dürfen, was sie wollen. Ich lade sie dazu ein, auf den Wänden ihren Gefühlen und Gedanken auf spielerische Weise freien Lauf zu lassen.“
Während unseres Besuchs arbeitete Fico gerade gemeinsam mit Kindern an einem Werk in Wola Wodyńska – etwa 30 Kilometer von von Siedlce entfernt. Sein, oder vielmehr das Wandgemälde der Kinder, entstand aus einer Schnecke, deren spiralförmiges Haus in mehrere Abschnitte unterteilt war. In diese malten sie farbenfrohe Objekte, die Fico in der umliegenden Natur aufgefallen waren – zum Beispiel Sonnenblumen. Obwohl die Schnecke häufig in Kinderbüchern vorkommt, ist sie für den Künstler ein besonderes Motiv. „Mir gefällt die Idee von der Spirale als Symbol für die Unendlichkeit der Kreativität. Es ist eine Struktur unterteilt in verschiedene Abschnitte, die die Kinder dazu einlädt, diese unendliche Spirale nach Belieben fortzuführen. Die darauf ausgelegt ist, Freiraum zu bieten.“
Ein weiteres Beispiel dafür, wie Fico seine Umgebung miteinbezieht, ist sein „Zug des Friedens“. Während er in Siedlce arbeitete, fand er einiges über die Bedeutung der lokalen Bahnindustrie heraus. Auf seinem Weg zum SOS-Kinderdorf kam er täglich an einem alten Zug vorbei, der ihm zum Nachdenken brachte. Sein nächstes Wandgemälde war in Bilgoraj geplant. Einer Stadt, die sich weniger als 100 Kilometer entfernt von der ukrainischen Grenze befindet. Gemeinsam mit geflüchteten Kindern aus der Ukraine würde er hier eine lange Wand bemalen – perfekt geeignet, um darauf einen Zug darzustellen. Ein Motiv, das nicht nur zum Ort passte, sondern auch die Kinder inspirierte.


SORGFÄLTIG UND SEHR AUFMERKSAM
Zu Ficos Freude waren die Kinder von der Idee der gemeinsamen Wandmalerei sofort begeistert. „Sie arbeiten zusammen, malen still vor sich hin, investieren viel Zeit in jede Blume und arbeiten akribisch an detaillierten Motiven, die sie mit Pinseln, ihren Fingern oder einem Schwamm auftragen.“ Für den Künstler, der neben Solowerken und Studien schon viele partizipatorische Kunstprojekte initiiert hat, waren die ukrainischen Kinder im SOS-Kinderdorf aufmerksamsten und nachdenklichsten, mit denen er bisher zusammengearbeitet hat.
Ob das daran liegt, dass sie aufgrund der besonderen Umstände in ihrem Heimatland nicht viele Chancen hatten, sich frei zu entfalten, weiß er nicht genau. Aber er ist sehr froh, mit ihnen arbeiten zu dürfen. „Sie nehmen sich viel Zeit für das Motiv, das sie malen, und sprechen miteinander, fragen beispielsweise: ‚Wie machst du das, wie machst du jenes?‘ Es ist eine sehr schöne Atmosphäre. Es hat mich überrascht, dass ihnen nicht langweilig wird und dass sie ebenso wenig aus Frust etwas zerstören. Sie arbeiten sehr sorgfältig und sind dabei ausgesprochen aufmerksam.“ Und diese Aufmerksamkeit ist etwas, das Fico insbesondere bei seiner Arbeit immer wieder positiv überrascht. „Wir leben in einer Welt, in der viele Menschen unachtsam sind und sich leicht ablenken lassen. Das habe ich mit diesen Kindern anders erlebt; sie sind geduldiger und konzentrierter bei ihrer Arbeit.“
Er deutet auf eine kleine Blume und erläutert, warum die Kunst der Kinder so besonders ist. „Betrachtet man ihre Arbeit mit kritischen Augen, könnte man denken, sie sei naiv oder banal. Beim genaueren Hinblicken lässt sich aber erkennen, dass alles Wesentliche des gemalten Objekts vorhanden ist.“ Es hat ganz den Anschein, als ob die Kinder Fico ebenso inspirieren wie er die Kinder. „Ich neige dazu, wie diese Kinder malen zu wollen, denn die Blumen, die sie erschaffen, muten wie Monumente, wie Totems an – so einfach und so stark. Ich betrachte sie, um mich inspirieren zu lassen.“
So ein Bild entsteht nicht an einem einzelnen Tag: Fico trifft sich mit jeder Kindergruppe mehrere Male. Wenn eine Sitzung abgeschlossen ist und die Kinder fertig sind, macht sich Fico wieder an die Arbeit. Er beginnt damit, Elemente wie Hügel, Höhlen und Wälder als Hintergrund einzufügen, um alle Elemente des Bildes miteinander zu verbinden. „Die Kinder arbeiten an den Teilen, ich am großen Ganzen. Ich mag die Vorstellung, wie sich das Teil in das Ganze einfügt. Während sich die Kinder auf einen sehr kleinen Teil ihrer Welt, ihren Bereich des Wandgemäldes, konzentrieren, besteht meine Aufgabe darin, die verschiedenen Elemente abzustimmen und zu vereinen.“ So erhält das Wandbild bei jedem Besuch von Fico neue Elemente, da die Kinder die neuen Teile, die er malt, als weiteren Ausgangspunkt nutzen. Wäre die Wand groß genug, könnte man das Wandgemälde theoretisch ewig fortführen. Das würde die Kinder – und Fico – vermutlich sehr glücklich machen. Als Dank für das Engagement der Kinder und ihren besonderen Einsatz, hat Fico ein Geschenk für sie geplant. Er möchte allen ein individuelles von ihm unterzeichnetes Diplom mit ihrer Zeichnung und ihrem Namen überreichen. Ein kleines Kunstwerk quasi, das sie als Erinnerung behalten dürfen.
Fico, die Kinder und ihr Wandgemälde hinter uns zu lassen, war auch für uns eine besondere Erfahrung: Wir haben ein Kunstwerk gesehen, das erst fertig ist, wenn die Kinder es sagen. Das ist auch der Grund, warum es MINI so wichtig war, dieses Projekt zu unterstützen. Wir Menschen glauben gerne, dass wir den Wert der Selbstentfaltung kennen und den Wunsch von Erwachsenen und Kindern, etwas Kreatives zu gestalten, verstehen. Doch wenn man dann vor diesen Wandgemälden steht, die unter solch tragischen Umständen entstanden sind, kommt man nicht umhin, einen Schritt zurückzugehen und ihre Reinheit und Schönheit zu bewundern.
